Fehlzeitenmanagement und Gesundheitsmanagement
Dieses Schlagwort wird in Schulleitungsfortbildungen oft verwendet. Es bezeichnet den Umgang mit den Faktoren, die den Unterrichtsausfall verursachen. Schulleitungen sollen Führungsqualitäten entwickeln, damit die Fehlzeiten der Lehrerinnen und Lehrer möglichst gering sind.Nr. 16/4903
Fehlzeitenmanagement
mohamed_hassan / Pixabay
Die Bezirksregierung Düsseldorf brüstete sich vor einigen Jahren damit, dass sie im internen Bereich die Fehlquote auf 5,5% senken konnte, indem stark kontrollierende Maßnahmen eingeführt wurden.
Daraufhin wurde ein Formblatt entwickelt, das mehr Kontrolle über die Fehlzeiten der Lehrer bringen sollte. Dieses wurde dann an alle Schulleiter verschickt, um in ähnlicher Weise auf die Kollegien einzuwirken. Ich glaube, solche Maßnahmen sind ein Fehlschluss: Es wird dabei nur unzureichend bedacht, dass die Verhältnisse im schulischen Bereich etwas anders liegen als in einer normalen Behörde. Man kann einfach nicht den Arbeitsplatz eines Sachbearbeiters in der Bezirksregierung mit dem Arbeitsplatz eines Lehrers vergleichen! Das wurde dann auch eingesehen und das Formblatt zurückgezogen.
Nachdem im Dezember 2014 der Innenminister von NRW eine Krankenstatistik der Beschäftigten in der Landesverwaltung vorgelegt hatte und diese im Durchschnitt 7,53 % betrug, wollte man natürlich im Landtag wissen, wie hoch der Krankenstand der Lehrer sei. Dieser war bis dahin noch nicht elektronisch erfasst worden, sodass man den Landesbetrieb für Information und Technik (IT NRW) beauftragte, ein Programm zu entwickeln, das den Krankenstand erfasst und differenzierte Schlüsse zulässt.
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Programm zur Erfassung des Krankenstands für Lehrpersonen
Das Programm „Gesundheitsstatistik per PC“ (GPC) wurde im November 2015 allen Schulen zur Verfügung gestellt. Die Schulen wurden mit Erlass vom 26.11.2015 angewiesen, ab 1.1.2016 verpflichtend valide Daten über die Krankentage der Lehrkräfte zu liefern, um das Summenergebnis an einem bestimmten Stichtag an die Landesbetrieb IT verschlüsselt zu liefern. Als voraussichtlicher Stichtag wurde der 28.2.2017 genannt.
Folgende Daten will der Landtag vom Ministerium haben:
Es soll also nicht der Unterrichtsausfall erfasst werden, sondern es werden nur die Tage gezählt, die jemand krank ist, an denen er eigentlich unterrichten müsste. Dabei spielt es keine Rolle, wie viele Stunden er an diesem Tag zu unterrichten hätte und wie viele durch ihn ausfallen. Wenn also ein Fachleiter oder ein Lehramtsanwärter am Mittwoch krank ist, so wird das nicht gezählt, weil ja z.B. an diesem Tag das Seminar stattfindet und kein Unterricht ist. Und wenn eine Teilzeitkraft von Montag bis Freitag krank ist, am Dienstag aber frei hat, so ist sie zwar 5 Tage krank, für die Statistik aber nur 4 Tage. Es kommen also im Endeffekt nicht die richtigen Krankheitstage, sondern nur die Statistiktage in die Zählung. Das ist seltsam, denn die tatsächlichen Krankheitstage sind ja viel höher.
Wer also am Wochenende oder an seinem freien Tag krank ist, ist statistisch nicht krank. Auch nicht als krank gewertet wird jemand, der während eines Tages nach Hause oder zum Arzt geht, weil er krank ist. Ebenfalls fallen auch Kuren, Mutterschutzzeiten mit Beschäftigungsverbot, Sonderurlaub oder Arbeitsbefreiung wegen Betreuung von kranken Kindern oder Angehörigen aus der Zählung heraus. Dazu gibt es noch viele Sonderfälle wie z.B., dass Aufenthalte in einer Rehaklinik für Beamte nicht als Krankheitstage berechnet werden, für Tarifbeschäftigte aber doch. Schulpädagogen oder Schulassistenten bleiben unberücksichtigt, weil sie keine Unterrichtsverpflichtung haben.
Nach 42 Tagen wird automatisch eine BEM-Benachrichtigung ausgegeben. Die Daten werden ein Jahr lang aufaddiert und verschlüsselt an IT-NRW geschickt, der sie auswertet und an das Ministerium übermittelt, das wiederum den Landtag informiert. Die Bezirksregierungen bekommen diese nicht (obwohl seltsamerweise für die Bezreg Düsseldorf und Münster die Personalnummern eingegeben werden müssen), sondern diese werden lediglich darüber informiert, welche Schulen ihren Bericht noch nicht abgegeben haben.
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Allerdings hat das Programm eine kleine Zusatzfunktion, die die Schulaufsicht über die Krankheitstage informiert. Es ermittelt nämlich automatisch die relevanten Meldezeiträume für das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM), für die Entgeltfortzahlung bei tarifbeschäftigten Lehrkräften und für das Ausstehen einer so genannten „Gesundmeldung“ (Mitteilung über den Dienstantritt). Die Meldefristen betragen dafür 42 Kalendertage oder sechs Wochen. Wenn eine Schule diese Meldefunktion nutzt, werden automatisch Formschreiben an die Schulaufsicht erstellt.
Es wäre ganz sinnvoll, wenn sich die Lehrerräte an den Schulen einmal die gesammelten Daten ansähen und sich überlegten, was man damit anstellen kann. Es wird zwar behauptet – und das ist vordergründig ja auch wahr – dass kein Unterrichtsausfall erfasst wird, aber jeder, der mit Datenbanken arbeitet, weiß ja, dass anschließend von jeder Lehrkraft Netto-Arbeitstage, Statistik-Krankheitstage und Gesamtkrankheitstage vorliegen. Und dazu natürlich auch der Stundenplan, der mit UNTIS oder SchILD gemacht wurde und genau verzeichnet, wie viele Unterrichtsstunden durch die Krankheit brutto wie netto ausgefallen sind. Schließlich sind Verknüpfungen von Datenbanken eine wunderbare Leistung von Computern…
Der Erlass setzte die Schulleiter erst einmal kräftig in Zugzwang, denn sie sollten das Installationspaket herunterladen und sich in das Programm einarbeiten, um die Funktionen kennenzulernen und die Erfassung der Krankentage den schulischen Gegebenheiten anzupassen. Nun ging das in manchen Kommunen nicht so einfach, weil oftmals eine zentrale Installation durch die Schulträger erfolgt, die aber nicht rechtzeitig informiert worden waren. An manchen Schulen wurde das Programm zwei Tage vor den Weihnachtsferien installiert. Es gibt zwar eine ausführliche Installationsanleitung, ein Handbuch und kleine Videofilmchen, die die Benutzung erklären, aber die Erprobungsphase ist viel zu kurz. Man merkt das schon an den vielen Fragen, die im Forum gestellt werden, das zu dem Programm eigens eingerichtet wurde. Eigentlich hätte man doch aus den Erfahrungen lernen müssen, die schon bei der Einführung der Schulverwaltungsprogramme gemacht wurden. Da an den Schulen eine Vielzahl von Datenverarbeitungsprogrammen im Einsatz ist, wäre die erste Aufgabe gewesen, eine allgemeine Schnittstelle zu entwickeln, die die Übernahme der vorhandenen Daten ermöglicht, damit nicht mühevoll alle Daten neu eingegeben werden müssen. Erfahrungsgemäß schleichen sich nämlich dabei die größten Fehler und Ungereimtheiten ein.
Ich frage mich, welchen Zweck die Erhebung eigentlich verfolgt. Eigentlich müsste sie doch ein Baustein innerhalb der betrieblichen Gesundheitsförderung sein. Aus den Ergebnissen lassen sich aber doch keine geeigneten Maßnahmen dazu ableiten, denn die Krankenstandsdaten ermöglichen ja gar keine Schlussfolgerungen, weil keine Informationen über die Art der Erkrankungen vorliegen. Diese werden nicht erfasst und die einzige Maßnahme, die man sich aufgrund der Erhebung vorstellen könnte, wäre eine Vertretungsreserve, die der Höhe des Krankenstandes entspricht. Diese ist aber doch seit Jahren bekannt. Wenn Sie bei den Landesbeamten bei 7,53 % liegt, müsste man für alle Schulen eine 8-prozentige Vertretungsreserve bereitstellen, um den ausfallenden Unterricht wirkungsvoll abzudecken. Das weiß man schon seit Jahren und dazu ist keine zusätzliche Erhebung notwendig.
Wenn aber der Krankenstand so gemessen worden ist wie er jetzt bei den Lehrpersonen gemessen werden soll, so handelt es sich nicht um die realen Krankheitstage, sondern um die Netto-Krankheitstage. Die wirklichen liegen viel höher.Eine Zusammenfassung der ersten Ergebnisse von 2016 können Sie in Schule NRW 06/2017 lesen. Die Krankenstandsquote der Lehrerinnen und Lehrer lag bei 6,82 %. Den Bericht, den das Ministerium im März 2017 an den Landtag geschickt hat, finden Sie im Archiv des Landtags NRW unter der Vorlage Nr. 16/4903.
Ich persönlich halte deshalb den Begriff des „Fehlzeitenmanagements“ für nicht sehr glücklich. Ich würde ihn lieber durch den Ausdruck
Gesundheitsmanagement
ersetzen wollen. Es kommt nämlich nicht darauf an, dass die Schulleitung die negativen Begleiterscheinungen des Lehrerlebens einplant, sondern vielmehr darauf, dass sie positive Maßnahmen ergreift, um die Arbeitskräfte gesund und zufrieden zu erhalten. In vielen Betrieben wird Arbeitssicherheit oder Gesundheit groß geschrieben, in der Schule wird das oft einfach vorausgesetzt.
Gesundheitsmanagement darf sich nicht auf Fluchtpläne, Bestellung von Gefahrstoffbeauftragten und Einhaltung von Vorschriften beschränken, sondern muss ganzheitlich gesehen werden. Lehrerinnen und Lehrer sind keine Maschinen, sondern Menschen, deren hoch komprimierte Belastung zu Ausfällen führt.
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Schulleitungen begreifen oft nicht, dass die Arbeitskraft des Kollegiums das einzige Potenzial ist, das die Attraktivität der Schule für die Eltern ausmacht und das Lerninteresse bei den Schülern aufrecht erhält.
Kranke Lehrer können keinen Unterricht durchführen – und schon ist das Problem da, das die Schulleitung lösen muss. Die Schulleitung rechnet damit, dass alle Lehrerinnen und Lehrer pflichtbewusst und gesund täglich klaglos zum Dienst erscheinen. Dabei ist das gar nicht so selbstverständlich. Es gibt nämlich viele Faktoren, die das Lehrerleben schwer machen und dafür sorgen, dass Fehlzeiten entstehen:
- Zu wenig Lob und Bestätigung
- Kein Erfolg bei den Schülern
- Schlechte Arbeitsbedingungen
- Zu viele Vertretungsstunden
- Schlechtes Arbeitsklima
- Schlechter Stundenplan
- Zu wenig Verantwortung
- Persönliche Probleme
- Probleme in der Familie
- Stress und Ärger
Darüber sollten Schulleitungen einmal genauer nachdenken! Aus meinem eigenen Erfahrungsbereich will ich deshalb im Folgenden einige wesentliche Gesichtspunkte für ein besseres Gesundheitsmanagement aufführen. In den 22 Jahren als Schulleiter und Personalratsmitglied habe ich nicht nur selbst einige Erkenntnisse gewonnen, sondern bin vor allem durch die Lehrerräte darauf aufmerksam gemacht worden.
Lob und Bestätigung
In meiner gesamten Zeit als Schulleiter habe ich immer versucht, an Kolleginnen und Kollegen Lob für erbrachte Leistungen zu verteilen, weil ich gelernt hatte, dass dies bei Schülerinnen und Schülern in der Klasse gute Ergebnisse brachte. Doch immer wieder wurde ich darauf hingewiesen, dass ich zuviel bemängeln würde, ohne in entsprechendem Maße zu loben.
Zuerst konnte ich das gar nicht verstehen. Dann aber erkannte ich, dass ich viele Dinge für selbstverständlich hielt und deshalb nicht lobte. Mir war nicht klar, dass regelmäßiges pünktliches Erscheinen am Morgen ein Lob wert sein könnte, dass eine Woche als Begleitung in der Jugendherberge, in der überhaupt nichts passiert war, eines Lobes würdig sein könnte, dass die Leitung einer Klassenkonferenz, die eine Lehrerkonferenz überflüssig gemacht hatte, eine lobenswerte Leistung sein könnte u.a.m.
Oft vergaß ich einfach das ausdrückliche Lob ohne darüber nachzudenken, dass eine Bemerkung wie „Das hat mir aber gut gefallen! – Das haben Sie aber gut gemacht! – Das haben Sie aber professionell gelöst, meine Anerkennung!“ angebracht gewesen wäre, um die Arbeitsleistung der betreffenden Kollegin oder des Kollegen zu würdigen.
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Ich vergaß es auch deshalb, weil ich als Schulleiter manche dieser Leistungen unter meinem eigenen Leistungspotential sah. Da waren es völlig normale, alltägliche Leistungen, die eigentlich nichts Besonderes im Rahmen des alltäglichen Lehrerjobs ausmachten. Für den betreffenden Lehrer waren es aber in seiner besonderen Situation zusätzliche Leistungen oder Anstrengungen.
Das hatte ich nicht erkannt. In der Tat ist es nämlich nicht selbstverständlich, wenn Teilzeitkräfte während der Jugendherbergsfahrt oder während des Betriebspraktikums viele zusätzliche Stunden opfern. Es ist auch nicht selbstverständlich, wenn Kolleginnen oder Kollegen mit dem Jugendamt oder der Berufsberatung zahllose Gespräche führen, um dem einen oder anderen Schüler bei der Lösung seines Problems zu helfen.
Feedback ist das tägliche Brot des Champions |
Alles das kann durchaus gewürdigt werden, weil es einer Würdigung bedarf. Viele Kleinigkeiten, die Lehrerinnen und Lehrer für ihre Schülerinnen und Schüler tun, sind gar nicht so klein, wenn man es richtig betrachtet. Deshalb mein Rat an alle Schulleiterinnen und Schulleiter: Loben Sie ihre Kolleginnen und Kollegen öfter auch für kleine Dinge, die Sie selbst vielleicht als gar nicht so beachtlich ansehen. Sie sind nämlich oft lobenswert! Schüler loben Sie doch auch! Warum nicht Ihre Kolleginnen und Kolleginnen? Sie haben es auch oder noch eher verdient!
Denken Sie daran, dass die Motivation und Arbeitsleistung gewaltig gestärkt werden.
Erfolg bei den Schülerinnen und Schülern
Lehrerinnen und Lehrer brauchen ein positives Feedback für ihren Unterricht und ihre Erziehung. Wie überall, gibt es auch im Lehrerbereich fähige und weniger fähige Kolleginnen und Kollegen (Schulleitungen auch!). Das wird dadurch dokumentiert, wie oft etwas daneben geht in einer Klasse, wie oft sich Eltern beschweren, wie oft kollegial geholfen werden muss. Wenn sich so etwas häuft, bekommen die Betroffenen kaum noch positive Rückmeldungen von Ihren Schülern, Kollegen oder der Schulleitung. Ihr Leben ist ein täglicher Kampf, der viel Kraft kostet. Er beginnt mit dem stündlichen Kleinkrieg in jeder Klasse, die erst mal ruhig gestellt werden muss, setzt sich mit dem Frust in jeder Pause im Lehrerzimmer fort, wo sie ihr Leid den Anderen mitteilen, die aber nicht immer Verständnis dafür haben und endet bei der Schulleitung, die wieder etwas zu meckern hat.
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Solche Kolleginnen und Kollegen brauchen besonders viel Zeit und Unterstützung. Es ist nicht anders als in jeder Klasse: Von den 28 Schülerinnen und Schülern machen 25 wenig Arbeit, aber die restlichen 3 so viel wie alle zusammen. Und wenn man diese drei immer nur ermahnt, nur meckert und nie positiv ermuntert, wird sich das auch nicht viel ändern.
Das muss man auch als Schulleitung im Kollegium so sehen. Wer Schwierigkeiten mit den Klassen hat, braucht die starke Rückendeckung der Schulleitung mehr als jemand, der selbst ein breites Kreuz hat. Da muss man eben häufiger mal in die Klasse und einige zurecht stauchen, um zu zeigen, dass die Schulleitung die Lehrkraft unterstützt und ihre Maßnahmen durchsetzen hilft, auch wenn sie innerlich diese für nicht so angemessen hält.
Frustrierte Lehrerinnen und Lehrer brauchen laufend aufbauenden Zuspruch und besondere Zuwendung. Wenn man dies als Schulleitung versäumt, überträgt sich dieser Frust auf andere Kolleginnen und Kollegen und die gesamte Schule leidet darunter. Und jetzt komme ich wieder auf das Lob zurück: Sie brauchen gerade Lob für Kleinigkeiten, die man vielleicht bei anderen gar nicht erwähnen würde, weil man sie für selbstverständlich hält.
Jeder braucht ein positives Feedback – Lehrerinnen und Lehrer ganz besonders. |
Man muss einfach auch mal die Besonderheit des Lehrerberufs im Vergleich zu anderen Berufen sehen: Ein Fliesenleger, der ein Bad gefliest hat, wird vom Auftraggeber sofort gelobt, wenn er das neue Aussehen seines Badezimmers sieht und vergleicht, wie es vorher ausgesehen hat. So geht es auch dem Heizungsinstallateur, der ein Rohr gelötet hat oder dem Mechaniker, der am Auto einen Schaden repariert hat. Ohne dass jetzt genau geprüft wird, ob die Lötstelle sauber verarbeitet ist oder die Schrauben am Motorblock fest angezogen sind, ist ihm Lob, Dank und Bezahlung auf der Stelle sicher, vielleicht auch verbunden mit einem besonderen Trinkgeld als Prämie. Der Lehrer bekommt kein Trinkgeld und kein Lob; sein Gehalt erhält er anonym und ohne jegliche Reaktion auf die Qualität seiner Arbeit.
Nun werden Sie vielleicht sagen, dass Handwerksberufe auch anders strukturiert sind. Am Ende des Arbeitstages steht ein fertiges, vorzeigbares Produkt da, beim Lehrer ist das Ergebnis nicht sichtbar. Dann schauen Sie sich trotzdem andere Berufe an, die sich mit Menschen beschäftigen: Wie viel Dank und Anerkennung erhalten Krankenschwestern, die in der Krankheitsphase geholfen haben, wie dankbar ist man einem Rechtsanwalt, der in einem Rechtsstreit geholfen hat, wie viel Anerkennung erhält ein Entertainer, der eine schöne Unterhaltungsstunde gestaltet hat. In Deutschland klatschen sogar die Passagiere im Flugzeug, wenn der Pilot gut gelandet ist. Hat bei Ihnen schon mal die Schulklasse geklatscht, wenn Sie eine glatte Unterrichtsstunde hingelegt haben?
Das ist eben das Problem: Viele können am Ende des Arbeitstages zufrieden auf ihre Leistung zurückblicken und sich vielleicht sogar selbst loben. Der Lehrer hat aber immer noch Zweifel, weil einige sich überhaupt nicht für das Thema interessiert haben, andere haben Mitschüler beim Lernen gestört und wieder andere haben seinen Unterricht boykottiert. Er hat viel Kraft in der Schule gelassen und sieht doch nicht den Erfolg seiner Arbeit. Es sind Sternstunden im Leben eines Lehrers, wenn Schüler sagen: „Das war aber heute eine schöne Unterrichtsstunde“ – „Das haben Sie aber gut erklärt – ohne Sie hätte ich das nicht verstanden!“
Derartige Bemerkungen bauen auf, bringen neue Kraft und Energie, die den Spaß an der Schule und die Freude auf den nächsten Unterrichtstag erhalten.
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Es gibt übrigens ein kleines Geheimnis für ein Feedback, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Es stammt aus dem Buch The One Minute Teacher von Spencer Johnson und schlägt vor, dass sich die Lehrer selbst loben sollen, wenn sie nicht auf die Anerkennung von anderen warten wollen. Es hilft wirklich:
1. Zunächst einmal besinnen Sie sich einen Moment darauf, was Sie richtig gemacht haben.
2. Sie sagen sich, wie Sie sich aufgrund dessen fühlen.
3. Sie loben sich oder Ihr Verhalten.
Ich vergleiche meine Ziele und mein Verhalten: Wenn ich sehe, dass ich etwas richtig gemacht habe, nehme ich mir eine Minute Zeit , um mir ein Lob auszusprechen.
Es ist wichtig, dass Sie ab und zu erkennen, dass es viele Dinge an Ihnen gibt, die es verdienen gelobt zu werden. Es gibt auch viele Situationen, in denen Sie ein Kompliment verdient hätten. Wenn Sie es also nicht bekommen, hilft die One-Minute-Anerkennung wie folgt: „Ich stelle fest, dass ich etwas richtig gemacht habe. Ich spreche mir dafür eine Anerkennung aus. Ich bin mit meinem Verhalten zufrieden. Ich bin mit mir selbst zufrieden.“
Sie merken natürlich, was dahinter steckt: Das ist eine moderne Form des „Self-Coachings“, wie man das heute nennen würde. Aber es hilft! Probieren Sie es aus!
Nur zufriedene Lehrer machen guten Unterricht. |
Schulleitungen sind davon nicht ausgenommen. Was den Unterricht betrifft, haben sie es sogar leichter als Lehrerinnen und Lehrer. Wenn sie nämlich in die Klasse kommen, haben sie von vornherein einen höheren Autoritätsbonus und brauchen den täglichen Kleinkrieg nicht zu führen. Das kostet bei weitem nicht soviel Nerven, sodass sie frischer aus dem Unterricht herauskommen. Sie haben auch geringere Unterrichtsverpflichtungen, was viel ausmacht, denn die Verwaltungsarbeit kostet zwar viele Stunden, aber nicht so viele Nerven.
Auch Schulleiterinnen und Schulleiter benötigen das positive Feedback.
Trotzdem haben Schulleitungen auch viel Frust, weil oft Anerkennung und Dank fehlen. Sie sind nämlich der „Schuttabladeplatz“ für alle: Eltern beschweren sich bei ihnen über Lehrer, Lehrer beschweren sich über Schüler und der Hausmeister beschwert sich über beide. Alle erwarten aber von der Schulleitung die Lösung ihrer Probleme und die Erfüllung ihrer Forderungen. Das kann aber die Schulleitung nicht und deshalb bringt das Frust. Es kommt nämlich noch mehr dazu. Da Lehrerinnen und Lehrer die Schulleitung als Vorgesetzte und damit Vertreter des Arbeitgebers sehen, unterscheiden sie nicht die Verantwortlichen. In ihren Augen hat sich die Schulleitung schließlich um die Stelle beworben und bekommt ja zu ihrem Gehalt zusätzlich einen Batzen „Schmerzensgeld“ für diesen Job. Wenn also Schimmelpilze im Klassenraum auftreten, wenn ein wütender Schüler einer Lehrerin vors Schienbein getreten und sie als „fette Kuh“ bezeichnet hat, wenn einem Lehrer während der Klassenfahrt die Kasse geklaut wurde oder wenn der Schulbus ausgefallen ist – alles soll die Schulleiterin oder Schulleiter lösen, weil er dafür verantwortlich ist. Keiner weiß, dass diese laufend frustriert werden, weil sie helfen wollen, aber bei den zuständigen Stellen keinen Erfolg haben. Der Schulträger antwortet, dass zur Zeit keine finanziellen Mittel für die Renovierung des Klassenraumes vorhanden seien, man solle evtl. bei schlimmem Befall den Klassenraum tauschen und eine Ausweichlösung finden. Die Bezirksregierung erklärt, dass es für die Lehrerin keinen Rechtsschutz gäbe, sie könne nur im Wege der Zivilklage gegen die Eltern vorgehen. Die Versicherung teilt mit, dass es keinen Ersatz gäbe und der Lehrer auch für eingezahlte Gelder der Eltern haften würde. Die Busfirma versichert, der Fahrer sei ausgefallen und zur Zeit seien keine anderen Busse verfügbar, man solle versuchen, die Kinder anderweitig nach Hause transportieren zu lassen.
Die Schulleitung muss also Misserfolge melden und damit ihre Ohnmacht und „Unfähigkeit“ deklarieren, obwohl sie Zeit und Initiative investiert hat. Das ist frustrierend. Das geschieht aber alles im Hintergrund und ohne Wissen der Lehrerinnen und Lehrer.
Hier ist es also entscheidend, die Verantwortlichkeiten transparent zu machen und sich mit dem Kollegium und den Eltern zu solidarisieren. Die Schulleitung muss als Partner für die Problemlösung gesehen werden, nicht als Verantwortlicher oder Schuldiger. Ein typisches Beispiel habe ich auf der Seite Gesundheitsschutz dazu aufgeführt.
Manchmal versuchen Schulleitungen auch ihre Anerkennung auf öffentlichem Wege zu bekommen. Wenn eine Schule im Stadtteil oder in der Gemeinde gut dasteht und gelobt wird, tut das dem Schulleiter oder der Schulleiterin sehr gut. Sie identifizieren sich nämlich stark mit ihrer Schule. Das sollte Anlass sein, daran zu denken, auf welchen Schultern dieser Erfolg beruht und dies an das Kollegium weiter zu geben, um sich auf diese Weise gegenseitig ein positives Feedback zu schaffen.
Menschenpflege, nicht Maschinenpflege
Schulleitungen sehen sich vielfach in der Rolle dafür sorgen zu müssen, „dass der Laden läuft.“ Leider ist auch der bürokratische und organisatorische Druck so groß, dass ihnen oft nichts anderes übrig bleibt. So wird die menschliche Seite oft zu wenig beachtet. In kleinen Schulen, in denen das gesamte Kollegium an einen Tisch passt, ist das durch den täglichen Kontakt und das Gespräch noch laufend möglich. In größeren Systemen ist vieles zu Verwaltungsangelegenheiten geworden, die schematisch behandelt werden. Ein typisches Beispiel:
Eine Kollege will für die Beerdigung seines Onkels, der weit entfernt gewohnt hat, Sonderurlaub haben. An dem betreffenden Donnerstag hätte er normalerweise 6 Stunden Unterricht. Der Schulleiter wiegt den Kopf, weil schon 4 Lehrkräfte an diesem Tag krank oder verhindert sind. Nach dem Sonderurlaubserlass darf er keinen Sonderurlaub für diesen Grund erteilen.
Jetzt kommt es darauf an, wie er handelt: Entweder erteilt er ihn trotz entgegenstehender Vorschriften und verantwortet das oder er lehnt es ab. Bei einem Kollegen, der sonst immer ordentlich seinen Dienst tut, keine einfache Sache.
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Nur positive Konsequenzen ermutigen zu guten Leistungen. |
Hier zeigt sich genau das Dilemma: Kollegien und Schulleitungen sind in einem bürokratischen System gefangen, das pragmatische Lösungen oft nicht zulässt. In jedem Wirtschaftsbetrieb muss der Chef auch verantworten, ob er einen Mitarbeiter beurlaubt oder nicht. „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.“ sagt der Volksmund. Der Chef wird also eine Lösung finden. Warum kann nicht auch ein Ministerium diese Kompetenz in die Hand eines Schulleiters geben? Es wird so großartig von „Selbstständiger Schule“ gesprochen, aber in wesentlichen Dingen ist sie nicht selbständig. Gerade solche Dinge, die das Privatleben betreffen und auf das Verständnis des Vorgesetzten angewiesen sind, machen die positiven zwischenmenschlichen Beziehungen aus, die für eine erfolgreiche Erziehungsarbeit in der Schule wichtig sind. Sie zu pflegen, ist vordringliche Aufgabe der Schulleiterin oder des Schulleiters. Das ist viel wichtiger als die Bereitstellung von Büchern, Unterrichtsmaterial oder Geräten. Wenn ein Fotokopiergerät in der Schule defekt ist, ist das schon eine schlimme Sache und kann die Unterrichtsorganisation ganz schön über den Haufen werfen. Aber es lässt sich verschmerzen und kann repariert werden. Wenn aber die menschlichen Beziehungen nicht in Ordnung sind, ist das schwer wieder zu heilen. Wenn öfter der Lehrerrat zu Vermittlungsgesprächen vorstellig wird, müsste das für jede Schulleitung ein Alarmsignal bedeuten.
Das Arbeitsklima
Wie man in der Geographie unter „Klima“ die Gesamtheit aller wetterbestimmenden Faktoren versteht, so ist das auch in der Schule die Summe der vielen Einzelheiten, die das Wohlbefinden der Kolleginnen und Kollegen ausmachen:
Zunächst sind es die Arbeitsplätze, wie sie vom Schulträger geschaffen und erhalten wurden. Wer an einer Schule ist, die immer gut gepflegt worden ist, kann sich glücklich schätzen. Leider ist das nicht immer der Fall. Viele Kolleginnen und Kollegen müssen in Gebäuden mit PCB-Belastung, mit Schimmelbefall oder unzureichenden Räumlichkeiten rechnen. Wie das Schulministerium auch, haben die Schulträger seit Jahren mit der „Untertunnelungstaktik“ gearbeitet. Dazu wurden Schulentwicklungspläne erstellt, die die Schülerentwicklung in den Gemeinden beschrieben und den Politikern rieten, bestehende Schulen lieber mit einem Mangel behaftet zu lassen, als neue zu errichten, da demnächst mit einem starken Schülerrückgang zu rechnen sei. Das war Musik in den Ohren der Kämmerer, die daraufhin rigoros einsparten. Durch Haushaltssanierungen und Haushaltssicherungskonzepte wurden längst fällige Reparaturen hinausgeschoben. Die Änderung im Gemeindefinanzierungsgesetz, nach der die Kommunen nur noch eine Schulpauschale erhalten, tat ein Übriges. Alles zusammen führte zu einer enormen Verschlechterung der Arbeitsplatzsituation in Schulen. Auf der Seite „Gesundheitsschutz“ können Sie einige Fakten dazu nachlesen.
Daran kann natürlich die Schulleitung nicht viel machen, es sei denn, sie ist politisch engagiert und hat hervorragende Kontakte zur Schulverwaltung oder zu den politischen Entscheidungsgremien.
Allerdings ist es schon so, dass Schulleitung, Kollegium und Eltern eine Einheit bilden müssen, um die Arbeitsplatzsituation für alle zu optimieren, denn sie ist schon entscheidend für das Wohlbefinden aller, für die Reduzierung von Konflikten und die erfolgreiche Unterrichtsarbeit.
Ein wichtiger Baustein für die Arbeitsmotivation sind Mitarbeitergespräche. Sie müssen nicht unbedingt mit Zielvereinbarungen gekoppelt sein oder formell ablaufen. Sie müssen aber eine realistische Einschätzung der Leistung und eine Anerkennung oder aufbauende Kritik enthalten. Jede Schulleiterin oder Schulleiter sollte mindestens einmal im Jahr ein solches Gespräch führen.
Oft ist es nämlich so, dass Schulleiterinnen und Schulleiter lange Zeit die Leistungen Ihrer Kolleginnen und Kollegen ignorieren, weil sie immer ihren Dienst tun, nichts Besonderes vorfällt oder alles läuft. Leistungen brauchen aber Reaktionen. Erst wenn man feststellt, dass die Leistungen auch wahrgenommen werden, wird die Freude an der Arbeit erhalten. Außerdem führt die Methode, den Dingen ihren Lauf zu lassen, nicht zu einer Leistungssteigerung, weil niemand motiviert wird.
Ein erster Schritt in dieser Richtung ist das Zeigen von Interesse. Schulleiterinnen und Schulleiter sollten sich Klassenarbeitshefte und Haushefte einmal nicht unter dem Gesichtspunkt Durchschnittsnoten und Drittelerlass ansehen, sondern Interesse für die inhaltliche Arbeit zeigen. Sie sollten sich die Klassenräume in ihrer Gestaltung ansehen und einfach auch mal einen informellen Besuch in den Klassen machen und eine Anerkennung aussprechen. Sie könnten auch regelmäßig nach Klassenfahrten, Praktika oder Unterrichtsgängen nach besonderen Erlebnissen fragen. Sie könnten schön gestaltete Arbeitsblätter bewundernd zur Kenntnis nehmen. Sie könnten über die gute Zusammenarbeit im Team staunen und vieles andere mehr. Sie könnten so vieles…! Wichtig wäre vor allem, dass sie Interesse zeigten.
Wussten Sie das?
Der Leiter des Instituts für Gesundheit in pädagogischen Berufen, Prof. Dr. Joachim Bauer von der Universität Freiburg, berichtete 2006 auf einer Tagung des BLLV, dass es inzwischen unbestritten sei, dass die Motivationssysteme des Menschen in enger Verbindung zu den Ausschüttungen von Botenstoffen im Mittelhirn (z.B. Dopamin, endogene Opioide und Oxytozin). Ziel der menschlichen Motivationssysteme sind lt. Bauer soziale Gemeinschaft und Beziehungen mit anderen Individuen.
Der Freiburger Wissenschaftler forderte eine grundlegende Umkehr in der Gestaltung von Schule. Kern sei die „Vermenschlichung des schulischen Arbeitsrhythmus: mehr Zeit, mehr Pausen, weniger Unterrichtsstoff.“ Der Schulbetrieb erlaube es kaum, Zeit für den Aufbau tragfähiger Beziehungen zu finden. Lehrer und Schüler seien getrieben von Aufgaben und Stoffmassen, die es in einer sehr begrenzten Zeit zu bewältigen gebe. Dabei werde die neurologische Grunderkenntnis außer Acht gelassen, dass gelungene Beziehungen wichtiger Teil motivationsgesteuerten Lernens sei.
Dazu gehört auch das Interesse für die private Situation der Kolleginnen und Kollegen. Gerade sie sind in ihrer Unterrichtsleistung besonders abhängig von der privaten Situation. Ist diese nicht in Ordnung, wird ihr seelisches Gefüge durcheinander gebracht. Dessen Stabilität ist aber unbedingt erforderlich, um kritische Unterrichtssituationen gelassen zu ertragen und angemessen zu reagieren. In diesem Sinne ist es auch zu verstehen, wenn man im Managementbereich Gespräche über Fehlzeiten empfiehlt. Diese sind keinesfalls als Druckmittel oder Kontrolle geeignet, sie sollten vielmehr dazu führen, Verständnis für die Fehlzeiten zu gewinnen. Denn erst, wenn die Schulleiterin oder der Schulleitung die Gründe für das Fehlen versteht, wird er versuchen, die Arbeitssituation so zu verbessern, dass die Belastung verringert wird und die Fehlzeiten abnehmen.
Dennoch sind manchmal Ermahnungen erforderlich, um einen Missstand zu beheben oder Fehlentwicklungen zu vermeiden. Gespräche dieser Art enden oft in Misstönen, weil die Kolleginnen oder Kollegen sauer auf die Schulleitung sind. Sie beschweren sich bei Anderen, wie mit ihnen umgesprungen wurde und fühlen sich ungerecht behandelt.
Das muss nicht sein, wenn die Schulleitung einige Grundsätze des Managements beherrscht und anwendet: Zunächst einmal will sie durch die Zurechtweisung das künftige Verhalten verbessern. Das geht aber nur, wenn derjenige oder diejenige sein Verhalten überdenkt und nicht über die Art und Weise der Zurechtweisung nachdenkt. Daher sollte man dem Mitarbeiter klar sagen, welchen Fehler er gemacht hat, aber am Ende der Ermahnung unbedingt mit einem Lob abschließen . Wenn man das tut, heißt das so viel wie: „Sie sind in Ordnung und gehören zu meinen besten Leuten. Aber Ihr Verhalten war in der Situation nicht angemessen.“ Dann denkt der Zurechtgewiesene über sein Verhalten nach und nicht über das des Vorgesetzten. Übrigens sollte eine solche Belehrung auch nur ein einziges Mal punktuell erfolgen und dann abgeschlossen sein. Es ist sinnlos, bei mehreren Gelegenheiten daran zu erinnern. Diesen Fehler machen nämlich auch viele Lehrerinnen und Lehrer in den Klassen, wenn Schüler sich falsch verhalten haben. Dann heißt es:“ Du erinnerst dich noch, was ich dir gestern gesagt habe!“ oder „Das genau dasselbe wie vorige Woche! Wie oft habe ich dir das schon gesagt!“ – Das bringt alles nichts. Die amerikanischen Management – Trainer schwören auf die „Sandwich“ – Methode: Auf die Schulter klopfen, Leviten lesen, Auf die Schulter klopfen. Und das alles kurz und danach nicht mehr erwähnen.
Das mag nicht jedermanns Sache sein, aber überlegenswert ist es.
Einen bedeutenden Faktor hinsichtlich der Arbeitszufriedenheit macht die Arbeitszeit in der Schule aus. Dabei spielt natürlich der Stundenplan eine große Rolle. In Grundschulen und kleinen Systemen kann er sehr lehrerfreundlich und ohne viel Springstunden gestaltet werden. Das ist bei steigenden Schülerzahlen und zunehmender Differenzierung nicht mehr der Fall. Noch schlimmer ist es an Ganztagsschulen. Hier steigt durch den Mittagsbetrieb die Anwesenheitszeit überproportional zur bezahlten Unterrichtszeit an.
Ungünstige Stundenpläne sind meist nur in den ersten Wochen nach Schulbeginn ein Stein des Anstoßes, danach gewöhnt man sich daran, weil sich im Laufe der Jahre doch die Vor- und Nachteile ausgleichen. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn man Fächerkombinationen hat, die immer auf den Nachmittag verlegt werden oder ein Randstundendasein fristen, weil sie nicht verpflichtend für alle sind. Ein größeres Problem stellen die Vertretungsstunden dar, die sich im Laufe eines Jahres in immer größerer Zahl einstellen. Durch die ministeriellen Vorgaben hat sich in den letzten Jahren der Anteil an Vertretungsstunden immer mehr erhöht. Hinzu wird jetzt fachfremder Vertretungsunterricht kommen, da durch die verfehlte Einstellungspolitik des letzten Jahrzehnts den Schulen die Fachlehrer ausgehen. Hier sind die Schulleitungen nun gefordert: Sie werden die Vertretungsstunden zwar nicht abschaffen können, aber sie können die Anzahl und den Nervenaufwand durch entsprechende organisatorische Maßnahmen senken. Das Kollegium wird es ihnen danken (und sie dafür loben!). Möglichkeiten dazu habe ich auf meiner Webseite Vertretungsstunden aufgeführt.
In den letzten Jahren sind immer mehr Teilzeitkräfte in die Schulen gekommen und inzwischen haben die Schulleitungen auch erkannt, dass Teilzeitkräfte einen viel größeren Teil ihrer Zeit in die schulische Arbeit einbringen als sie anteilig besoldet werden. Möglichkeiten zu einem gerechteren Unterrichtseinsatz habe ich auf der Seite Teilzeitarbeit angegeben.
Viel bedeutsamer ist die Arbeitsbelastung des Einzelnen. Sie ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen, wird aber auch mit zunehmendem Alter als viel höher empfunden. Hierzu ist zu sagen, dass sie in großem Maße auch davon abhängt, was man sich selbst zumutet. Der Schulleiter, der schlecht delegieren kann und alles allein machen will, wird genau so über eine zu hohe Arbeitsbelastung klagen wie die Lehrerin, die im Laufe der Jahre sich hat alles anhängen lassen und dies klaglos zusätzlich gemacht hat. Inzwischen ist eine deutlich realistischere Arbeitsauffassung in der Lehrerschaft zu beobachten. Eigentlich sollten alle darauf achten, dass die Arbeit auf möglichst viele Schultern verteilt wird. Das bedeutet eine offene Diskussion über alle Aufgaben, die in einer Schule zusätzlich zum Unterricht zu erledigen sind. Auf der Seite Arbeitsbelastung habe ich dargestellt, dass Kolleginnen und Kollegen bei der Verteilung ihre Mitbestimmungsrechte auch ausschöpfen müssen, damit es nicht zu einer Ausnutzung von Arbeitskraft kommt. Die ist schließlich begrenzt und es hilft keinem, wenn ein Mitglied des Kollegiums durch Arbeitsüberlastung krank wird.
In diesem Sinne ist die Seite Arbeitsbelastung nicht nur als Arbeitsüberlastung, sondern gleichzeitig auch als konstruktiver Baustein des Gesundheitsmanagements zu sehen. Wenn ein Schulleiter z.B. darüber nachdenkt, wie er die Zahl der Konferenzen senken kann, so hilft er auch sich selbst. Mir persönlich hat es beispielsweise einmal sehr geholfen, einen Fragebogen zu verteilen, in dem abgefragt wurde, wie man die Zahl der Vertretungsstunden senken könnte. Erst dadurch wurde mir überhaupt klar, dass ein Teil der Vertretungsstunden durch hausgemachte Gründe (Fortbildung, Sonderurlaub u.a.) verursacht wurden. Durch bessere Organisation konnten sie daraufhin reduziert werden. Genau so könnte man im Kollegium einmal eine Befragung durchführen, durch welche Faktoren sich die einzelnen Kolleginnen und Kollegen besonders belastet fühlen. Auf diese Weise ließen sich vielleicht einige Verbesserungen erreichen.
Ich glaube, dass Schulleitungen vielfach nicht nahe genug an das Problem herangehen. Sie erkennen zwar den Stress und die Überbelastung des Kollegiums, sind aber nicht in der Lage, die Ursachen genau zu erforschen und daraus die Konsequenzen zu ziehen. Schließlich ist alles auch sehr aufwändig und nicht einfach zu analysieren. Sie stehen auch irgendwie auf der anderen Seite und können sich oft nicht in die Situation hineindenken, weil sie anderen Stress oder andere Probleme haben.
Deshalb ist auch das gesamte Thema „Gesundheitsmanagement“ nicht so einfach, weil alle Lehrerinnen und Lehrer individuelle Persönlichkeitsstrukturen haben, die sich gerade im Schulalltag unterschiedlich auswirken. Man müsste eigentlich für jede Kollegin und jeden Kollegen eine eigene Strategie haben, wie man seine Arbeitskraft gesund erhält. Das ist nichts anderes als der Blick für die „Binnendifferenzierung“, die man als Unterrichtender beherrschen muss. Glücklicherweise haben die meisten einen eigenen Überlebensmechanismus, der ihnen hilft, mit den Stresssituationen angemessen fertig zu werden. Für die anderen müsste die Schulleitung einige Hilfen zur Hand haben, die es ihnen erleichtert, mit Stress und Ärger besser fertig zu werden. Es gibt nämlich tatsächlich Möglichkeiten, den Umgang mit diesen beiden Phänomenen zu lernen.
Unter „Stress“ versteht man alle Belastungen, den Druck und die Anspannungen, denen die Menschen täglich in ihrer Umwelt ausgesetzt sind. Sie bilden den körperlichen und seelischen Druck, dem man nicht ausweichen kann und der zu Anspannungen oder Störungen führt, die einen aus dem Gleichgewicht bringen können. Hier könnte die Schulleitung hilfreich eingreifen, um trotz der ministeriellen und schulaufsichtlichen Vorgaben eine stressmildernde Arbeitssituation herbeizuführen.
„Ärger“ ist etwas anderes als Stress. Es ist eine Gefühlsäußerung, die sehr viel mit der Einstellung des eigenen Ichs zur Umwelt zu tun hat. Wenn man den Schülerinnen und Schülern, den Kolleginnen und Kollegen oder der Schulleitung nicht positiv gegenüber eingestellt ist, werden sich viele Möglichkeiten ergeben, dass man sich ärgert. Allerdings ist hieraus schon zu ersehen, dass man die Schulleitung vielfach nicht für den Ärger verantwortlich machen kann; er kommt nämlich aus einem selbst.
Auf der Webseite Stress und Ärger werden die Ursachen aufgeführt, die im Schulalltag für diese Erscheinungsformen verantwortlich sind. Dort finden Sie auch Behandlungsmöglichkeiten, wie man besser damit umgehen lernt.
Bitte an die Schulleitungen: Lächeln Sie (wenigstens ab und zu)! Ein Lächeln der Schulleiterin oder des Schulleiters in der Pause Ein Lächeln bringt Glück ins Lehrerzimmer Lächeln kann man nicht kaufen, nicht erbetteln oder stehlen – – Also verschenken Sie es ! – Manche Kolleginnen oder Kollegen sind zu erschöpft, |
Nun hat sich natürlich auch herausgestellt, dass die beste Möglichkeit, dem Stress wirkungsvoll zu begegnen, darin besteht, dass man Menschlichkeit zeigt: Die Arbeit kann menschlicher gestaltet werden, die Aufgabenstellung kann menschlicher sein und demjenigen, der Stress hat, kann von seinem Vorgesetzten menschliche Hilfestellung entgegen gebracht werden. Alles gar nicht so schwer. Warum nicht mal versuchen?
Weitere Ideen für eine gute Atmosphäre in der Schule:
Es gibt sicher viele Möglichkeiten, die sich in Ihrer Schule zur Verbesserung des schulischen Alltags realisieren lassen. Machen Sie einmal ein Brainstorming oder eine pädagogische Konferenz zu diesem Thema.
- Wie wäre es zum Beispiel mit der Optimierung des Stundenplans durch eine Rhythmisierung von belastenden und weniger belastenden Tätigkeiten?
- Wäre es nicht toll, wenn man in Freistunden davor geschützt würde, in Vertretungsstunden eingesetzt zu werden? Überlegen Sie dazu einen Verfahrensvorschlag.
- Könnte man den Erholungswert von Pausen und Freistunden steigern? Etwa durch gemütliche Sitzecken, die Schaffung von Räumen mit ansprechendem Ambiente, Ruhezentren zum ungestörten Arbeiten? Auch Lehrerinnen und Lehrer freuen sich über Kuschelecken.
- Lassen sich Möglichkeiten schaffen, durch soziale Integration gegenseitige Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen untereinander zu erreichen? Etwa durch Patenschaften für Berufsanfänger, Seiteneinsteiger, Referendare? Auch gestandene Kolleginnen und Kollegen haben mal einen „Durchhänger“ und brauchen ein aufbauendes Gespräch.
- Kann man Erholungsbereiche schaffen zum Abbau von Stress und zum Ausgleich von Belastungsspitzen? Wunderschön ist eine Gartenbank im Grünen; manchmal reicht schon ein Tisch mit Stühlen unter einem Sonnenschirm im Freien, um dort neue Energie für die nächste Stunde zu tanken.
- Aktive brauchen Fitness-Geräte oder einen Wellness-Bereich – lässt sich so etwas schaffen?
- Muss man die Raucher eigentlich so isolieren? Kann man nicht Schwächen auch akzeptieren und einen gemütlichen Raucherclub außerhalb des Schulgeländes einrichten? Man sollte vielleicht einmal mit einer Würstchenbude oder einem Eisstand Kontakt aufnehmen, ob die nicht Interesse daran haben, ihren Stand in die Nähe der Schule zu verlegen.
- Gilt das nicht auch für die Schülerinnen und Schüler? Brauchen die nicht auch Erholung nach anstrengenden Stunden? Kann man nicht mit einem Eismann, einem Bäcker oder einer Pommesbude eine Vereinbarung treffen, dass diese in den Pausenzeiten am Schultor vorfahren oder sogar auf dem Schulhof parken? Muss die so genannte „Übermittagsbetreuung“ unbedingt „verschult“ werden?
Sie finden mit Sicherheit noch weitere gute Ideen, die sich speziell in Ihrer Schule verwirklichen lassen. Sie müssen aber auch den Mut haben, diese zu artikulieren und auf die Tagesordnung einer Lehrerkonferenz zu setzen, damit anschließend ein entsprechender Beschluss gefasst werden kann. Denken Sie immer daran: Beschlüsse der Lehrerkonferenz sind für die Schulleitung bindend. Sie müssen von ihr ausgeführt werden – ob sie will oder nicht – es sei denn, sie verstoßen gegen Rechtsvorschriften oder gegen die guten Sitten. Aber das ist selten der Fall.
Bilden Sie doch für Ihre Schule eine Gesundheitsgruppe! Für viele Dinge werden Arbeitsgruppen oder Steuergruppen gebildet, die Gesundheitsfürsorge wird oft vernachlässigt. Nur gesunde und psychisch stabile Lehrerinnen und Lehrer werden auf Dauer guten Unterricht machen und eine lebendige Schule gestalten. Warten Sie nicht, bis sich die Krankheitsdaten und Burnout-Fälle häufen, sondern untersuchen Sie in Ihrer Schule die Schwachstellen, aber auch die Energiereserven, die irgendwo schlummern.
Für Schulleitungen: Denken Sie immer wieder und immerfort daran: Es ist die wichtigste Aufgabe der Schulleitung, das Kollegium gesund und arbeitsfreudig zu erhalten. Kümmern Sie sich individuell um jede Kollegin und jeden Kollegen und versuchen Sie, ihnen das Leben in der Schule erträglich zu gestalten. Das ist Ihr Job als Schulleiterin oder als Schulleiter! Alles andere ist zweitrangig!
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Weitere Hinweise finden Sie auf meiner Webseite Gesundheitsschutz!
Thema/Titel | Internet-Adresse |
Infos zum Gesundheitsmanagement | www.gesundheitsmanagement.de |
Lustvoll arbeiten | www.tk-online.de |
Stress und Ärger | http://www.mensch-und-management.de |
Verschiedene Texte zur Gesundheitsförderung | www.igmetall.de/download |
402-seitiges Handbuch Lehrergesundheit kostenlos zum Download | http://www.handbuch-lehrergesundheit.de/ |
Sehr gute Artikel zu den Themen „Psychische Belastungen am Arbeitsplatz“, „Mobbing“ und „Stress am Arbeitsplatz und seine Folgen“ | www.ergo-online.de |
Stress im Betrieb – Wenn die Arbeit zum Dauerfrust wird | www.igmetall.de/download |
Eine gute Zusammenfassung zum Thema „Stressbewältigung und Balancing“ bietet die Gmünder Ersatzkasse an; dazu auch Broschüren und hilfreiche Tipps | http://www.barmer-gek.de |
In der Fachgruppe „Gesundheitspsychologie“ findet man viele Links zur Gesundheitsförderung | www.gesundheitspsychologie.net |
Beim Bundesverband der Betriebskrankenkassen werden in der Rubrik Gesundheit viele Themen der Gesundheitsförderung incl. Mobbing angeboten. | www.bkk.de |
Wer Lust hat, mal über den Tellerrand zu schauen und zu sehen, wie andere Bundesländer das machen, sollte sich die niedersächsische Webseite mal ansehen. Dort hat man ein Internetportal für den Arbeitsschutz und das Gesundheitsmanagement an Schulen und Studienseminaren geschaffen, das interessante Ansätze aufzeigt. | https://www.arbeitsschutz-schulen-nds.de/startseite/ |
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